Almrausch – Wunderbare Biere, wanderbares Tirol

Das Baumchalet Bergglück in Tirol - Wanderglück und Bier in den Tiroler Alpen

Auf ein Bier – oder mehr – in die Tiroler Alpen. Jürgen Schmücking, ein Wahltiroler, ist in die Berge gegangen, weil er wissen wollte, wo Wanderlust und Biergenuss eine Einheit bilden. Die Suche nach den besten Bieren auf den schönsten Almen.

Genau jetzt – also im Frühsommer – passiert es. Die Kühe verlassen ihre Winterställe und werden
zum Sömmern auf die Alm getrieben. Bewirtschaftete Almen, Berggasthöfe und Schutzhütten
werden wieder auf Vordermann gebracht und bereiten sich auf Wandernde und BikerInnen vor.
Und das bedeutet, dass nicht nur die Rinder, sondern auch ein stattlicher Biervorrat auf den Berg
gekarrt wird.

Wilde Landschaften, kulinarische Abenteuer

Als Bier wird das Lechweg-Bier der Privatbrauerei Vils ausgeschenkt. Alleine
dafür lohnt der Weg.

Der Lechweg in Tirol.
— Der Lechweg ist eine Wanderroute von der Quelle zur Mündung des Lech. — ©Jürgen Schmücking

Beginnen wir mit einem einfachen, aber spektakulären Weg. Der Lechweg ist eine Wanderung von
der Quelle zur Mündung, von der Natur zur Kultur und vom Ursprung in die Gegenwart. Der Weg
führt durch wilde Landschaften und kulinarische Abenteuer. Hoch über Lech (eigentlich noch in
Vorarlberg) geht es los. Der Lech – hier heißt er noch Formarinbach – formt sich zu einem kleinen
Bach, der Weg führt zu Beginn durch das Quellgebiet. An einigen Stellen fließt kristallklares
Wasser aus der steinigen Erde, und auch der Lechweg selbst ist noch ein schmaler Pfad, der an
Latschenkiefern und Almrosen vorbei durch die atemberaubende Kulisse des Arlbergs führt.
Weiter unten, im Lechtal, wird das Flussbett breiter und formt eine einzigartige Landschaft. Es ist
ein spektakuläres Spiel mit Farben, Licht und Formen, die der Lech, der letzte Wildfluss der
Nordalpen, bietet.
Das Gehen verspricht also Abwechslung, innere Einkehr, sportlichen Anspruch und natürlich
allerhand Köstlichkeiten. Die Lechwegprodukte, kulinarische Botschafter des Weges, sind
besondere Lebensmittel, die sorgfältig, handwerklich und aus Zutaten der Region hergestellt
werden. Und es sind Produkte, die in jedem Rucksack Platz finden. Die Vielfalt reicht von
krummen Kaminwurzen und Lechtaler Käse bis hin zum sensationellen Durstlöscher, dem
Lechweg-Bier, und zum hochgeistigen Kramat, dem rustikalen Gin mit dem historischen Namen.
Es ist eine Reise wie auf dem Jakobsweg. Nur besser. Landschaftlich wie kulinarisch.
Jetzt aber zur ersten Alm. Der Marsch zur Vilser Alm ist eine nicht allzu anstrengende Wanderung
in der Naturparkregion Reutte. Entspanntes Wandererlebnis und sensationelle Aussicht sind dabei
garantiert. Die Strecke kann auch mit Kindern gut gemeistert werden. Zumal sie – die Kinder –
dann auf der Vilser Alm mit einem großen Spielplatz belohnt werden. Das kulinarische Angebot
auf der Vilser Alm kann sich ebenfalls sehen lassen. Die klarerweise selbstgemachten
Speckknödel sind top, ebenso der Kaiserschmarren. Marenden, also Brotzeiten, gibt es in großer
Vielfalt und als Bier wird das Lechweg-Bier der Privatbrauerei Vils ausgeschenkt. Alleine dafür
lohnt der Weg.

Lamm und Biobier

Greit bei Pfunds im Dreiländereck. Der Berghof dort ist eigentlich keine Alm. Auch keine
Schutzhütte. Trotzdem gehört er hierher. Aus mehreren Gründen. Zum einen sind da die herrlichen
Wanderungen rund um Pfunds. Der Radurschlklammsteig zum Beispiel. Oder die Runde zum
Pfundser Tschey. Alles herrlich naturbelassene Wanderwege, auf denen man erstaunlich wenigen
Wandernden begegnet. Zum anderen der Berghof selbst. Ein hochgradig sympathischer Hof samt
Landwirtschaft, Gasthof und neuerdings auch eigener Brauerei. Toni Thöni, der Chef am Herd, hat
sein Handwerk bei den besten Köchen des Landes gelernt. Erkennen kann man das unter
anderem an seinen Lammgerichten. Die geschmorte Keule – ein Traum. Oder das Lammsugo.
Das gab es während der Zeit des Lockdowns – neben anderen Köstlichkeiten vom Berghof – im
Glas.
Seit dem Spätsommer 2020 wird am Berghof auch gebraut. Elisa, die Tochter des Hauses, und
Roman, ihr Schweizer Mann, haben die Brauerei gegründet. Seither werden zwei Biobiere
gebraut. Ein naturtrübes, feinherbes und ausgesprochen frisch-fruchtiges Zwickl sowie ein
hefetrübes Weizenbier. Absolut köstlich, beide, und eine uneingeschränkte Empfehlung zur
besagten Lammkeule. Einziger Wermutstropfen dabei: Das Restaurant am Berghof hat nur an
zwei Tagen geöffnet. Donnerstag und Sonntag. Und an Feiertagen. Also gut planen!

Der Brauer Roman Hänseler und der Koch Andreas Thöni auf dem Berghof in Greit bei Pfunds.
— Mein Schwager, der Brauer (links). Mein Schwager, der Koch (rechts). — ©Jürgen Schmücking

Knackige Würze

Das Bier ist frisch, hefig. Aufgrund des Weizenanteils wartet das Kellerjoch mit einem überdurchschnittlich hohen Trinkspaßfaktor auf. Cascade und andere Aromahopfensorten sorgen
für knackige Würze.

Schwaz, Vomp, Kellerjoch. Die nächste Station liegt bereits im Tiroler Unterland. Nein, das hat
nichts mit der Seehöhe zu tun. Oberland ist alles westlich von Innsbruck, Unterland alles östlich
davon. Das Kellerjoch samt Kellerjochhütte ist der Hausberg von Schwaz. Vom Kellerjoch aus
blickt man hinunter auf die Silberstadt, andererseits sieht man Berg und Hütte von (fast) jedem
Punkt im Tal. Schauen wir also erst nach oben, aufs Kellerjoch. Claudia Schranz und Christian
Lorenz sind neu am Start. Im Lockdown wurde die Hütte unter der Federführung von
Holzbauzampano Toni Unterlechner auf Vordermann gebracht. Im Frühjahr 2020 starteten die
beiden in ihre erste Saison am Kellerjoch. Was sie seither dort auf die Beine stellen, kann sich
sehen lassen. Und was kulinarisch geboten wird, geht weit über das hinaus, was für (derart
exponierte) Hütten üblich ist: Speck- oder Kaspressknödel mit Schlamperkraut, ein Nepalesisch-
Tiroler Linsen- und Gemüsetopf, Kasmuas oder – für ambitionierte Frühaufsteiger – das
Silberzehner Aufweckerl.
Als Bier geht hier – nomen est omen – das lokale Kellerjoch ins Rennen. Ein naturtrübes und
obergäriges Weizenbier. Es ist frisch, hefig. Aufgrund des Weizenanteils wartet das Kellerjoch mit
einem überdurchschnittlich hohen Trinkspaßfaktor auf. Cascade und andere Aromahopfensorten
sorgen für knackige Würze. Gebraut wird das Bier von der sympathischen kleinen Brauerei
Freundsberg 66, von der auch das tiefdunkle Schwazer Schwarze und der untergärige Fiechter
Spitz kommt.
Die Wanderungen aufs Kellerjoch zahlen sich aus. Vor allem des Panoramas wegen. Karwendel,
Nordkette, die Tuxer Alpen auf der einen Seite, das Inntal bis weit über den Patscherkofel hinaus
auf der anderen. Wer es locker angehen will, fährt mit dem Sessellift aufs Kellerjoch und
marschiert noch eine halbe Stunde (leicht) zur Hütte. Oder man wählt die Herausforderung und
steigt von der Mittelstation, also von Grafenast, auf.
Aber auch Craft-Bier-Klassiker sind ein Thema am Berg. Da gibt es zum Beispiel die Stöfflhütte
am Wilden Kaiser. Es ist kompliziert. Um das Ganze zu klären: Das Weidegebiet heißt Walleralm.
Das ist so etwas wie das Grätzel am Berg. Die Hütte ist die Stöfflhütte. In Schwoich ist »Stöffl«
kein unbekannter Begriff. Das Stöfflbräu heißt jetzt Bierol-Taproom – und braut immer noch
außergewöhnlich gute Biere. Craft-Biere.
Die urige Stöfflhütte (oben, auf der Walleralm) wurde vor mehr als 350 Jahren gebaut. Heute wie
damals werden die Stallungen während der Sommermonate bewirtschaftet. Nach alten Rezepten
werden hier Käse und Buttermilch hergestellt. Wer es mit der Milch nicht so hat, fragt einfach
nach dem Mountain Pale Ale, einem Tiroler IPA mit stattlichen 7,2 Vol.-% Alkohol. Nicht gerade
der leichtfüßige Durstlöscher. Aber zum Speckbrot das Bier der Wahl.
Andere Craft-Biere findet man in den Tuxer Alpen, und sie heißen auch so. Tux 1280 heißt die
Brauerei. Die Zahl steht einerseits für die Seehöhe, womit die Tuxer die höchstgelegene Craft-
Bier-Brauerei des Landes betreiben, und andererseits für das Jahr 1280, in dem Tux-Lanersbach
erstmals urkundlich erwähnt wurde. Das Tux 1280 Black heißt auch Mountain Porter. Verschieden
geröstete Malze, die Zugabe von Kakaobohnen und Vanille während der Reife machen das Black
zu einem malzigen Gaumenschmeichler, der nicht nur perfekt zu Barbecue oder ofenfrischen
Schweinsripperln passt, sondern aufgrund des milden Schokotouchs auch zu den Klassikern der
alpinen Desserts. Also zu Kaiserschmarrn oder zum traditionellen Melchermuas. Ausprobieren
kann man das zum Beispiel auf der Höllensteinhütte in Tux. Eine Remmidemmi-Wander- und
Rodelhütte, allerdings mit einer Küche in der Leute werken, die ihr Handwerk verstehen.

Hüttenessen in Tirol.
©Jürgen Schmücking

Tiroler Klassiker

Die BetreiberInnen der Angerer Alm in Tirol.
— Die BetreiberInnen der Angerer Alm setzen auf vielfältige Küche in makelloser Qualität. — ©Jürgen Schmücking

Und weil die Getränkekultur auf der Angerer Alm einen besonders hohen Stellenwert hat, gibt es auch immer wieder recht ausgefallene Bierspezialitäten. Das Chambier zum Beispiel, ein feingliedriges und elegantes Bier, bei dem Champagnerhefen zum Einsatz kommen.

Letzte Station: das Kitzbüheler Horn. Genauer gesagt, die Angerer Alm. Die Alm ist nur über die
Harschbichl-Seilbahn von St. Johann aus erreichbar. Hausgäste können im Sommer auch eine
Straße benutzen. Ein paar Kilometer vor der Alm befindet sich ein Schranken der – nach kurzem
Anruf – per Funk geöffnet wird. Für die weitere Fahrt empfiehlt sich allerdings ein Auto mit einer
gewissen Bodenfreiheit.
Mit ihrer weit zurückreichenden Geschichte ist die Angerer Alm eine Institution am Kitzbüheler
Horn. Damals, vor über 200 Jahren, war die Angerer Alm der höchst gelegene Bauernhof in St.
Johann. Mittlerweile hat sich die Alm natürlich weiterentwickelt. Tagsüber werden Wandernde mit
traditioneller bodenständiger Küche auf hohem Niveau bedient. Die Kasspatzln kommen fast
leicht, aber unglaublich aromatisch auf den Tisch. Und erst der Kaiserschmarrn! Regional
eigentlich ja eher der Wiener Küche zuzuordnen, hat sich der Kaiserschmarrn längst einen Fixplatz
auf den Karten der Tiroler Wirtshäuser erkämpft. Hier auf der Angerer Alm wird einer serviert, der
seinesgleichen sucht. Locker und flaumig, nicht zu süß, begleitet von schmackhaftem Röster aus
Tiroler Zwetschken. Bei der klassischen Brettljause werden Speck und Rohmilchkäse aus der
Produktion naher Sennereien serviert, ebenso auf der Karte findet man die Tiroler Klassiker:
Gröstl, Kaspress-Speckknödel und den sauer marinierten Graukas. Jedes einzelne Gericht in
makelloser Qualität.
Und das Bier? Kommt klarerweise aus der Region. Aus St. Johann, um genau zu sein, also der
nächsten größeren Ortschaft. Die Familienbrauerei Huber braut hier seit mittlerweile vier
Generationen. Auf der Angerer Alm kommen drei Huber-Biere aus dem Fass und ein paar weitere
werden flaschenweise angeboten. Und weil die Getränkekultur auf der Angerer Alm einen
besonders hohen Stellenwert hat, gibt es auch immer wieder recht ausgefallene Bierspezialitäten.
Das Chambier zum Beispiel, ein feingliedriges und elegantes Bier, bei dem Champagnerhefen
zum Einsatz kommen. Federführend dabei: die Sektzampanos aus Gols, die
Brüder Szigeti. Auf den Tiroler Almen kommen nicht nur NaturliebhaberInnen und
BergfreundInnen auf ihre Kosten. Auch für BierfreundInnen (und oft gibt es da Überschneidungen)
gibt es hier einiges zu entdecken.