MEI BIA IS LEI ANS

Im südlichsten österreichischen Bundesland bewegt sich ganz viel in der kreativen Bierszene. Micky Klemsch ging auf Reisen.

Es wird wohl etwa 15 Jahre her sein, da ich mit dem Marketingverantwortlichen der Vereinigten Kärntner Brauereien in einem kleinen Pub in der Villacher Innenstadt gesessen bin. Wir verkosteten einige Biersorten und plauderten über Bier und Eishockey. Nicht ganz ohne Grund, denn am selben Abend noch stand das entscheidende Spiel der Finalserie in der österreichischen Eishockeyliga an: VSV gegen KAC, Villach gegen Klagenfurt. Wieder eine Chance für die Klagenfurter, sich auf sportlichem Weg für all die Schmähungen bei den Villacher Faschingssitzungen zu revanchieren. Städterivalität pur zwischen den Metropolen, die geografisch quasi nur vom Wörthersee getrennt sind.

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Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, welches Team schlussendlich gewonnen hat, meinem Gesprächspartner war es zumindest in geschäftlichem Belange egal. Denn beide Mannschaften hatten einen Biersponsor aus seinem Hause. Spätnachts müsste er nur mehr das richtige Logo in die Gratulationsanzeige für die Tageszeitung setzen. Schleppe gratuliert dem KAC oder Villacher gratuliert dem VSV. Die Anzeige war fast fertig.

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Schon seit 1993 wird die Klagenfurter Traditionsbrauerei unter dem Dach der VKB geführt, seit einigen Jahren übrigens auch das Piestinger Bier. Ein Bier namens Schneebergland wird seitdem am Fuss des Dobratsch gebraut. Der ist zwar sogar noch 100 Meter höher als der Schneeberg, allerdings halt 300 km von Markt Piesting entfernt. Werden in Villach die großen Chargen eingebraut, so konzentriert man sich in den historischen Mauern der Klagenfurter Schleppe-Brauerei vor allem auf Bierspezialitäten und seit kurzem auch auf Kreativbiere. Im November 2014 war es, als Braumeister Friedl Koren mit dem Schleppe No.1 ein Pale Ale in der Großflasche präsentierte. Während wir nun schon über 1 Jahr auf die No.2 warteten, präsentierte die Brauerei anlässlich der Klagenfurter GAST Messe im März gleich 3 neue Kreativbiere. Dem Pale Ale folgen nun ein Belle Saison, ein Imperial IPA und ein Weizenbock. Alle vier Spezialitäten nun in der 0,33 lt Einwegflasche.

Wenn es um Weizenbock geht, haben aber auch noch andere Kärntner ganz kräftig aufgezeigt. Von Villach durch das Gailtal bis Hermagor und noch ein Stückerl bis Mauthen. Ganz hinten im Tal haben zwei junge Männer eine Brauerei aus dem Boden gestampft, die auch international bereits in höchsten Tönen gelobt wird. Alois Planner als Hotelbetreiber und Klaus Feistritzer als Wirt in Mauthen gründeten mit Loncium im Jahr 2007 ihre erste kommerzielle Brauerei mit einer Sudhauskapazität von 5 Hektoliter ( das sind etwa 1000 Krügeln). Davor haben sie schon mehrere Jahre quasi mit Omas Suppentopf als Hobbybrauer gewerkt und an Rezepturen in kleinem Umfang gefeilt. Regelmäßig wurde, dem Bedarf und der großen Nachfrage entsprechend erweitert, vor allem im Bereich des Gär- und Lagerkellers. 2013 wurde dann ein komplett neues Sudhaus gebaut.

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“Der Grundidee, handwerklich bestmögliche Bierspezialitäten zu brauen sind wir von Beginn an treu geblieben. Vom Hobby zum Beruf – so könnte man dies am besten beschreiben.” Alois und Klaus haben die Entscheidung, erwerbstätig eine Brauerei zu betreiben haben, noch nie bereut. Auf sämtlichen wichtigen Craftbierfesten in Wien, Rom, Berlin und Linz waren sie schon vertreten. Von den diversen Auszeichnungen sei wohl der World Beer Award in Gold besonders hervorzuheben.

 

Von den Brauereien im Tale wollen wir nun ein wenig höher blicken. An einem Hang oberhalb von Radenthein liegt das für seine Hühnerspezialitäten weitum bekannte Wirtshaus der Familie Bacher. Die Gartenrast inmitten der Nockberge war in den letzten Jahren ob der Bierleidenschaft des Wirtes schon für seine tolle Bierkarte bekannt. Seit Ende 2013 hat Ulli Bacher nun aber auch seine eigene Brauerei mit angeschlossenem Braustüberl eröffnet. Die Biere der Shilling-Brauerei – wie das Helle, das Granat oder das Nock-Ale) sind nicht nur in seiner 100 m entfernten Gartenrast zu bekommen, sondern auch schon im Tal bei diversen Wirten gut gekühlt angekommen. Zum Beispiel in der Greisslerei von Mario Egger in Millstatt am See, wo ich zum ersten Mal das Rogg’n Roll verkosten durfte. Dieses Kärntner Roggenbier ist ein Collaboration Brew von Loncium und Shilling. Eine Zusammenarbeit über mehrere Täler hinweg.

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Kärntner Bierfreunde können übrigens auch noch höher hinaus. Kurz vor dem Start der letzten Wintersaison hat am Katschberg, nur wenige Meter von der Grenze zu Salzburg die höchstgelegene Brauerei des Landes eröffnet. Das Katschbier 1670 in der Pizzeria Stamperl spielt mit der Zahl vor allem auf die Höhenmeter an.

katschbeer3@Gerald Ramsbacher

Die Braukollegen aus Hirt spielen mit ihrer Zahl 1270 allerdings auf die lange Tradition der Brauerei an. Seitdem die Kollegen in Villach 2015 als hunderprozentige Tochter dem Konzern von Heineken einverleibt wurden, gelten die Brauer aus Micheldorf als größte Privatbrauerei Kärntens. Der Standort an der wichtigen Nord-Süd Route war immer schon von großer Bedeutung. Fand die Hirter Taverne schon in vergangenen Jahrhundert Einzug in die Geschichtsbücher, so war Brauerei und Raststätte auch ein bedeutender Stop für all die Kärntner Studenten, die am Weg nach Wien ihre Wochenvorräte an Bier aufstockten. So kam es auch, daß Hirter in den 1980er Jahren zum Kultbier in den Wiener Studentenlokalen avancierte und darauf weiterhin den Status als große Marke in der Wiener Gastronomie aufbaut. Neben dem bekannten Privatpils hat man aber auch schon sehr früh auf Biobiere gesetzt und besetzt da seit Beginn des Bio-Segmentes eine bedeutende Position am österreichischen Markt. Die Neugier des Brauers Raimund Lunzer und auch der innovativen Eigentümervertreter hat die Hirter Brauerei– die auch seit Jahren Teil der CulturBrauer sind – schon sehr früh auf Kreativbiere setzen lassen. Das Hirter Beerique (ein Doppelbock) oder das Imperial Porter in der grossen Gourmetflasche zählen zur ersten Wahl für tolle Biermomente.Neben der Hirter Bierathek, in der man in Micheldorf sämtliche Spezialitäten neben anderen regionalen Genussprodukten bekommt ist auch die BeerCademy zu einem bedeutenden Standbein geworden. Im nahen St.Salvator werden Gastronomiemitarbeiter, Biersommeliers und Brauer auf die aktuellsten Standards der kreativen Bierszene geschult.

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Die Eishockeyspieler des KAC tragen mittlerweile übrigens das Bierlogo aus Hirt auf ihren Schultern. Zum Finale reichte es heuer trotzdem nicht. Bier und Eishockey bleiben in Kärnten trotzdem auch 2016 eine emotionale Verbindung. So postete Villacher Marketingmann Peter Peschel vor kurzem nach dem Sieg gegen die Vienna Capitals: “Villacher vs Ottakringer 3:0”. Beim Sieg der Villacher gegen Red Bull in Salzburg schrieb er: “Villacher verleiht Flügel.”