Hör mal wer da hämmert

„Eigentlich wollte ich schon mein Leben lang eine eigene Brauerei haben“, sagt Mario Scheckenberger, und relativiert seinen Satz zugleich: Mit 17 war es etwa, als ihn ein geschenktes Buch zum ersten selbstgebrauten Bier motivierte. Eine Leidenschaft, die ihn bis heute nicht losgelassen hat. Und nun, mit 47 Jahren hat er sich seinen Traum endlich erfüllt. Aber der Weg bis hierher war durchaus interessant, und Bier hat auf diesem Weg immer eine bedeutende Rolle gespielt.

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Nach seinem abgeschlossenen Betriebswirtschaftsstudium arbeitete er zunächst bei einem großen Marktforschungsinstitut und bemühte sich insbesondere um die brauende Klientel. Dieses Naheverhältnis und sein Wissen und Interesse für Bier hat ihm auch immer wieder Angebote aus der Bierwirtschaft gebracht. Aber erst als man ihm die Markenverantwortung für Österreichs größte Biermarke angeboten hatte, wechselte er zur Brau Union nach Linz. 13 Jahre lang steuerte er die Marketinggeschicke von Gösser und erlebte da schon einen Teil seines Biertraums: Der Kontakt zu den wichtigsten Menschen im heimischen Bierbusiness, die diversen großen Sponsoringevents wie das Kitzbühler Hahnenkammrennen oder das Steirerdorf vor dem Wiener Rathaus. Aber auch immer im regen und kreativen Austausch mit dem Gösser Braumeister Andreas Werner in Leoben. Denn zu Hause am Attersee hat Mario derweil auch selber gebraut. In etwas anderen Maßstäben, also im bekannten Kochtopf-Badewannen Heimbrauerstil, aber durchaus erfolgreich. Mit seinen Bieren hat er zahlreiche Auszeichnungen gewonnen, mit seinem Pils wurde er 2013 und 2014 zum Staatsmeister der Klein- und Hobbybrauer gekürt. Zum 40. Geburtstag hat ihm seine Frau das „Scheckibräu“ sogar markenrechtlich schützen lassen.

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So interessant so ein toller Job bei Gösser auch sein mag, nach 13 Jahren und einer wachsenden Familie daheim am Attersee, von wo er wochentags nach Linz pendeln musste, war dann Zeit für einen Schnitt im Lebensmodell. „Wenn ich das Projekt einer eigenen Brauerei jetzt nicht realisiere, dann schaffe ich es in diesem Leben nicht mehr.“ Dabei war ihm klar, dass er eine Brauerei nur im heimatlichen Steinbach am Attersee realisieren mag. „Ich mag authentisch brauen, dort wo mich die Leute kennen, dort wo ich die Leute kenne“. Selten wurde ein privates Brauerei StartUp so professionell umgesetzt: Im Ortsteil Seefeld wurde ihm die Kantine des Freizeitzentrums angeboten, in intensiver Bauzeit wurde diese zu einer Kleinbrauerei mit angeschlossenem Lokal und Shop umgebaut. Dort wo heute Flaschen gefüllt werden und Lagertanks stehen, stand vor einem Jahr noch eine kaum genutzte Kegelbahn. Die 10 hl-Brauanlage selber stand schon mal in Wien, bevor sie der Betreiber schließen musste und wird nun am Attersee neu genutzt. Vom Namen (der Großvater war einmal der Hufschmied im Ort) über das Logo, das Lokal und das angeschlossene Gschäft’l wo man von Donnerstag bis Samstag direkt Bier und Merchandising kaufen kann, ist alles perfekt durchdacht.

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Als Hobbybrauer hat Mario Scheckenberger bereits über 50 verschiedene Bierstile eingebraut, diese Erfahrungen kann er nun auch kommerziell umsetzen. Dabei setzt er auf Klassiker wie Pils (Meisterstück) und Märzen (Werkstück), aber auch kreativere Biersorten wie Rauchbier (Zunder), Imperial Stout (Amboss), Baltic Porter (Hammer) oder Altbayrisch Dunkel (Rotglut). Dazu noch einige saisonale Spezialitäten, die im Fass, in der kleinen Flasche oder auch im 1 Liter-Gebinde angeboten werden.

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Für die Region ist die kleine Brauerei eine Bereicherung, für den Tourismusverband Attersee zählt die Bierschmiede schon zu den Top-Ausflugszielen. Die Brauereiführungen mit Verkostung werden sowohl von Einheimischen als auch Touristen gut angenommen. Ein Bier aus der Region, für die Region. Da kann der Bierschmied gerne weiterhämmern.

Dieser Artikel ist im „1515 Craft Bier Magazin“ Ausgabe 2 Dez15/Jan16 erschienen. Das komplette Magazin können sie auch online auf ISSUU nachlesen.